14 August 2015

Gartl goes Italy!




Heute möchte ich euch einmal zeigen, wie spannend es ist, wenn man nicht nur das anbaut, was die Großeltern schon im Garten hatten: Der Blick über den Tellerrand, diesmal nach Italien, hat dem Gartl ein genügsames und dem Speiseplan ein gesundes Gemüse eingebracht, auf welches ich nicht mehr verzichten möchte:  
 Den Mönchsbart
In meinem Gartl wächst ja nicht alles, nur weil ich das will. Ich habe ja so meine Probleme mit Kohl oder Lauch (Porree) und Tomaten, na, da wisst ihr ja schon Bescheid.

Seit 2014 baue ich den Mönchsbart an, eine Pflanze aus der Familie der Fuchsschwanzgewächse, Pflanzengattung Salzkrautgewächse, lat. Salsola soda.

Je nachdem, wo man sich in Italien befindet, kennt man es dort unter:
* Agretti
* Barba di Frate = Mönchsbart
* Barba di Negus (antike Bezeichnung für den äthiopischen Kaiser)
* Roscano
* Lischi
* Senape di Monaci (Mönchssenf)
* Finocchi del Mare (Meeresfenchel)

Mamma mia, lauter sprechende Namen, auf die man erst mal kommen muss. Die Italiener lieben halt ihr Essen!

Nicht schwer zu erraten, wo das Salzkraut im Mittelmeerraum oder Nordafrika wächst: auf den salzigen Böden der Küsten. Die Italiener säen bereits ab Januar aus, geerntet wird dann von März bis Mai, der Mönchsbart findet sich dort also typischerweise in den diversen Ostergerichten wieder. Das geht sich in unseren Breiten nicht aus.



2015 habe ich am 10. April direkt ins Beet ausgesät und dann noch einmal am 4. Mai und ernte nun seit Juli. Spätere Saaten haben, wie 2014, nicht gekeimt. Das kann daran liegen, dass es zu heiß war oder weil die Samen nur eine extrem kurze Keimfähigkeit besitzen, ca. 1 Jahr, ich glaube fast weniger.

Letztes Jahr habe ich keine Samen ernten können, da ist unsere Saison einfach zu kurz, aber kleine Blüten hatten die Pflanzen in den Blattachseln, richtig putzig, ein wenig wie Rosmarin sah das aus.

Hier ein 4 Wochen alter Sämling am 14. Mai 2015 von der April-Aussaat. In diesem Stadium sind sie noch extrem schneckengefährdet. Das ausgewachsene Salzkraut lassen sie aber unangetastet.


Agretti benötigen Sonne bis Halbschatten. In diesem Jahr hatte ich sie hinter hohe Zuckererbsen gesät, das hat ihnen ganz gut getan. Man soll sie dicht aussäen, damit man von den jungen Pflanzen gleich eine ganze Handvoll abschneiden kann. Leider machen mir da die Schnecken gerne einen Strich durch die Rechnung, meine Reihen Agretti stehen relativ ausgedünnt da.

Hier ein Bild vom 28. Juni, wo sie hinter den Zuckererbsen stehen.



Die älteren Pflanzen haben zähe Stängel, die ich nicht mehr verwende. Ich reble quasi die abstehenden "Nadeln" gegen den Strich ab, die sind dann auch noch richtig zart.

 Agretti von oben gesehen:



Es ist hoch interessant, dass die Agretti als Meeresküstengewächse auch bei uns so problemlos angebaut werden können und tatsächlich mit Null Pflegeaufwand auskommen. Außerdem ist das Kraut nicht nur geschmacklich interessant, sonder auch der Gesundheit zuträglich.

Was macht das Salzkraut so gesund?

Der mineralstoffreiche Mönchsbart wirkt basisch und enthält neben Kalzium, Eisen und Vitamin A auch Vitamin B3. Reich ist das Kraut auch an Kalium. Der Geschmack ist tatsächlich moderat salzig und wenn man sie nur kurz blanchiert, bleiben die Blätter grün und knackig.

Das Salzkraut schmeckt ausgezeichnet zu Fisch und Pasta. Zum Fisch bereite ich es wie Mangold zu: mit Knoblauch, Schalotten, Olivenöl und etwas Obers, ganz wenig. Die Pastasauce kann man mit Sardellen, Kapern und Olivenöl herstellen oder, was ich erst ausprobieren muss, in einer Sauce aus Eigelb, Zitrone, Muskatnuss und Grana. Das Ganze über Farfalle geben und fertig ist das mollige Hauptgericht. Da haben die Italiener schon tausend Varianten ersonnen, leider ist dann das Rezepte-Übersetzen ein wenig mühsam. Aber wer weiß, vielleicht ergibt sich gerade aus einem falsch übersetzten Rezept ein viel besseres!

Die Gattung Salsola soda wurde aufgrund der Tatsache, dass auch die Asche des Salzkrauts reich an Kalium ist, unter anderem zur Herstellung von Kaliumcarbonat, also Pottasche (Potassium ist ja der alte Name für Kalium) herangezogen. Und diese Pottasche verwendete man u.a. in der Glaserzeugung und ist aber auch ein guter Dünger. Das wäre doch auch einen Versuch wert: Die Reste des Krauts im Herbst zu trocknen und zu verbrennen, das gibt dann sicherlich einen ordentlichen Fingerhut voll Tomatendünger für das nächste Gartenjahr :-D

08 August 2015

Paradeisisch!

Jedes Gartenjahr ist anders, das ist gemeinhin bekannt. In einem Jahr brauchst du zum Abtransport der unter dem dschungelhaften Blätterdach übersehenen Zucchini drei Mann, im nächsten Jahr baust du für die erste und einzige Ochsenherz-Tomate einen Schrein, um sie vor dem Verzehr, den du aufgrund der Einmaligkeit des Schatzes fast nicht übers Herz bringst, wieder und wieder anzubeten.

Einmal sind es die Schnecken, dann ist es der Regen, dann wieder der Spätfrost; Gründe für Ernteausfälle gibt es wie Sterne am Nachthimmel, aber als Gärtner lernt man zu verzichten und für das dankbar zu sein, was schließlich wächst.



In den ersten Jahren meines Gärtnerdaseins erntete ich von 12 verschiedenen alten Tomatensorten, die Ostösterreicher nennen sie Paradeiser, was unverkennbar vom Wort Paradies (Paradiesapfel) hergeleitet werden kann. Dann kam die Kraut- und Braunfäule in meinen Garten, um zu bleiben.

Seither wiederholt sich die traurige Geschichte mit den Paradiesern: Ich pilgere zur Arche Noah und kaufe die alten Tomatensorten, starke Pflanzerln, die reiche Ernte verheißen. Ich hege und pflege sie, obwohl ich weiß, dass sie das nur schwach werden lässt, folgt man den Lehren des Burgenländischen Paradeiserkaisers Erich Stekovics. Der Gute hat leicht lachen in seinem pannonischen Klimaparadeis - äähhm paradies. Dort kann man die Tomaten einfach links liegen lassen und gut ist.
 
Zurück zu mir: Ende Juli hüpft mein Herz, wenn die Tomaten (ich bin Oberösterreicherin und anscheinend waren wir den Bayern immer schon näher als den Niederösterreichern, deshalb mundet mir das Wort Tomaten mehr als das Wort Paradeiser), also Ende Juli hüpft mein Herz, wenn die Tomaten beginnen, zu erröten und in einer scheinbar nie dagewesenen Fülle die Stäbe niederdrücken. Ochsenherz, zwar noch grün, aber so riesig, dass du zwei Hände brauchst, um eine davon zu umfassen, San Marzano, so üppig, dass du die in Flaschen abgefüllte Pasta-Sauce förmlich greifen kannst. Ein Traum - die Verheißung des Paradieses!

Und dann - dann kommt der August. Und mit dem August kommt der Regen. Und mit dem Regen die Kraut- und Braunfäule. Die Früchte werden bei grünem Leib braun, die gesamten Tomatenstöcke stinken so elend, dass du die Handschuhe nach dem Ausreißen der Sträucher gleich mit entsorgen möchtest. Es folgt der letzte Weg in die Abfalltonne. Gesetzten Schrittes begleitest du die aus dem Leben Gerissenen zur vorletzten Ruhestätte. Im Takt zu Chopin's Trauermarsch aus der Klaviersonate Nr. 2 b-Moll. Und weil der Geruch bald unerträglich wird, lege ich einen Zahn zu, jetzt von Vivaldis Gloria angefeuert. So. Deckel druff und für alle Zeiten zu!

Kaum sind die Gewesenen in der Tonne, schwöre ich bei allem, was mir heilig ist, dass ich das nächstes Jahr nicht durchmachen werde. Nie im Leben wieder dieser Aufwand, diese Vorfreude und der schmerzliche Abschied.

Das alte Jahr vergeht und mit ihm der Schmerz über das verlorene Paradeis. Doch es kommt der nächste Frühling und da steht die Nachbarin oder die Schwiegermutter mit den Pflänzchen (ganz bewusst habe ich nicht ausgesät oder gekauft und sicherheitshalber auch keinen Platz im Gartl reserviert) und ich kann die süße Melodie von Mozarts Agnus Dei hören, während meine Hände ohne mein bewusstes Zutun hoffnungsvoll die Jungpflanzerl ergreifen, wie in Trance unter dem Eindruck der Symbolik von Gottes Lamm. Die Wiederauferstehung des Paradiesapfels im Gartl!

Und wieder reifen die ersten Tomaten, vielversprechend, die süße Melodie sendend: O mio Babbino caro! Und wenn sie in diesem Jahr nicht wachsen, laufe ich zum Ponte Vecchio und stürze ich mich in den Arno, oder in die Donau, welche näher läge. Gänsehaut pur. Das Paradies zum Greifen nah im Gartl - allerdings mit einem unterbewussten Schaudern, weil das Unausweichliche doch kommen wird.

Doch im Sommer 2015 ist tatsächlich alles anders: Die selbst ausgesäten Tomaten, verwöhnt mit Mikroorganismen-angereichertem Regenwasser, dazu noch Krautfäule-resistente Sorten, gedeihen prächtig! Vom Virus Phytophthora infestans keine Spur. Ja, ich höre es doch, Amadeus: Laudate dominum!!!


2x Fantasio: Eine F1-Hybride, aber was soll's. Schönes Rot. Zum Anbeißen!


Wildtomate Golden Currant: Um einiges größer als Ribisel  oder Johannisbeeren, gibt Unmengen an Früchten.

Bauerntomate Resi: Größere Cocktailtomate, schon beinah 2m hoch, ist aber sehr verzweigt, was zu übermäßiger Selbstbeschattung führt. Eigentlich habe ich die Samen nur wegen des Namens gekauft und weil sie als resistent angepriesen wurden. Anscheinend spätere Reife. Eine konnte ich schon kosten -wirklich paradeisisch der Geschmack....



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