Jene, die mit dem deutschen Volkslied vertraut sind oder irgendwann in den 60ern oder 70ern Musikunterricht in der Schule hatten, erleben nun ein Déja-vu. Für die, die nicht drauf kommen, wie das ging, hier klicken für Kindheitsfreuden: Grün, grün, grün....
Zu meiner Zeit war das ein beliebtes Lied an Wandertagen. Ich war sieben oder acht, die Wiesen waren grün, die Bäche klar, und ich bin einhundertprozentig sicher, es hat IMMER die Sonne geschienen. Das sind lebendige Erinnerungen: Dicke, saftige Jausenbrote, Bananen und Sunkist im dunkelblauen Leinenrucksack mit weißen Lederschlaufen.
Bei mir dreht es sich aber nicht um grüne Kleider, sondern um grüne Gedanken. Alles in mir will raus aus dem Wintermodus. Alles verlangt nach dem fernen Frühling und den ersten grünen Trieben. Nach frischem, knackigem Salat, Radieschen, Schnittlauch dick auf dem Butterbrot. Was gibt es in dieser tristen Zeit Begehrenswerteres?
Weil allerdings sogar der Eissalat auf dem Beet von Frostbeulen geplagt ist, der Schnittlauch schlapp aus dem Topf hängt und die maschinengewaschenen spanischen Radieschen im Supermarkt so gar nicht einladend wirken, probier ich es mal wieder mit Kresse! Da der Anbau bisher im Schnitt nur 1x von 4x gelungen ist (Samen zu alt? Auf's Gießen vergessen! Falsche Technik?), habe ich heute mal eine neue Technik ergoogelt, frisches Saatgut erworben und mir das Gießkännchen daneben hingestellt. Ich höre fast eure höhnischen Aufschreie: "Ist doch so watscheneinfach!" (für alle nördlich von Bayern: die Watschen ist die Ohrfeige). Und doch: Der üppige Kresseteppich wollte so nicht wachsen.
Diesmal aber habe ich frisches Saatgut in gesammelte Champignon-Kartons auf drei Lagen zurechtgeschnittenes Küchenpapier gesät, befeuchtet und ... nochmal eine Kartonschale gleicher Größe dicht drauf, damit es drinnen zappenduster und wenig Spielraum für die Sämlinge vorhanden ist, sich die langen Beine wachsen zu lassen. Deckel drauf, auf die Fensterbank damit und warten.
Und weil ich es mir so schön vorstelle, habe ich auch in eine halbe, mit Küchenpapier ausgestopfte Kokosnuss gesät. Sie hab ich in eine Tasse gestellt und die Untertasse draufgegeben.
Man darf gespannt sein.
Am übernächsten Morgen:
Weil es bei uns auch so mild ist und ich nicht mehr an den strengen Winter glauben will, habe ich mich darangemacht, dem Frühbeet seine Daseinsberechtigung zurückzugeben. Links, im schattigeren Teil, kommt der Rettich "Ostergruß" in die Erde, rechts die Radieschen "French Breakfast". Der Rettich braucht ein paar kalte Tage (um 10°C) vor der Keimung, das wird spannend. Auch wenn es dann doch nichts werden sollte mit dem Rot auf dem Brot, um die paar Samen ist mir nicht leid. Die Vorfreude auf's Grün habe ich ja trotzdem. Und das ist genau das, was ich jetzt brauche!
Ob die Radies- und Rettich-Story eine erfolgreiche wird, bezweifle ich. Heute Nacht, 7 Tage später, klirrende -11°C während der Nacht. Das Ganze mit Kahlfrost, weil schneelos. [Hoffen und Bangen um die Rosen]
Und hier die Fortsetzung der Kresse-Erfolgsstory: 3 Tage später macht das Ganze schon was her:
Und am 6. Tag wird ordentlich geerntet! Grün, grün, grün, da dam da dam da dam dam.......